Erhard Lenk
Sechs kleine Engelhemdenmätze
sind Petrus neulich ausgerückt.
Sie haben, wenn ich richtig schätze,
sich nachts voll Heimlichkeit gedrückt.
Punkt zwölf Uhr sind sie losgezogen,
(„Leb‘ wohl, Du weiches Wolkenbett!“)
sind teils gewandert, teils geflogen,
teils auch gerutscht. Und das war nett.
Der Mond – (ihr wißt, er hält zu ihnen!) –
schlief auswärts. – Wie? Ihr staunt und lacht? –
Er hatte wochenlang geschienen
und endlich einmal freie Nacht.
Er wußte, was der Sechsbund plante,
und hatte sich schon sehr gesorgt,
weil ihm nicht eben Gutes schwante,
und jedem einen Stern geborgt:
Der Weg zur Erde ist oft dunkel.
Bei Neumond stets. Das ist bekannt.
Drum wurden aus dem Nachtgefunkel
sechs Sterne zu Lampions ernannt.
Die Kleinen sind gut angekommen.
Sie gingen artig Hand in Hand
und sangen hell durch eines frommen
Bildschnitzers Traum im Sachsenland.
Sein Mund ist stumm. Taub seine Ohren.
Mit einem Kinderlächeln sitzt
der Alte still und weltverloren
und träumt von seinem Traum. Und schnitzt.